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„Vernetzte Räume“ – Schulentwicklung im (digitalen) Raum

Von September 2021 bis März 2022 haben die Schule Zeihen und das HEK (Haus der Elektronischen Künste in Basel) das Projekt „Vernetzte Räume“ durchgeführt. Vermittlungspersonal, Kunstschaffende und Profis aus den Bereichen Informatik und Games waren jeweils einen Vormittag pro Woche in der Schule und haben zusammen mit 42 Schülerinnen und Schülern aus der Mittelstufe und deren Lehrpersonen die Schule auf ihre physischen wie auch digitalen Räume hin untersucht.

Technisch ausgestatteter Schulraum
Foto: Eliane Zgraggen

Schul- und Unterrichtsentwicklung im Raum

„Wir verstehen das individualisierte Lernen und Lehren in Mehrjahrgangsklassen als Lernen und Lehren in der Gemeinschaft“, so lautet die Vision der Schule Zeihen und bildet die Grundlage für das Leitbild und das Schulprogramm, welches die zentralen Schul- und Unterrichtsentwicklungsvorhaben der kleinen Dorfschule im Fricktal steuert. Interessanterweise verschrieb sich die Schule Zeihen in den vergangenen zehn Jahren nie einem konkreten pädagogischen Konzept wie zum Beispiel dem Churer-Modell, dem Altersdurchmischten Lernen oder dem selbstorganisierten Lernen, sondern erprobte mit ausgewählten Elementen dieser Konzepte eine eigene pädagogische Handschrift. Zum eigentlichen Dreh- und Angelpunkt von schulischen Entwicklungsprozessen mauserten sich Interventionen im Bereich der Raum- und Zeitstrukturen. Sehr vereinfacht und überspitzt auf den Punkt gebracht: Entfernt man aus einem Schulzimmer die Hälfte der Stühle und Tische und verstellt man die Sicht auf die Wandtafel, wird sich das Lehr- und Lernsetting „gezwungenermassen“ anpassen beziehungsweise verändern müssen: Ein „Alle-machen-zur-gleichen-Zeit-am-gleichen-Ort-das-Gleiche“ ist dann endgültig passé.

Eine Gruppe von Kindern zeichnet gemeinsam einen Raumplan.
Foto: Eliane Zgraggen

Im Sinne eines Zeitraffers hat sich an der Schule Zeihen im Bereich der Raumstrukturen in den letzten Jahren nun Folgendes abgespielt: Aus Klassenzimmern wurden Lernlandschaften mit Gruppen- und Einzelarbeitsplätzen, die von den Schülerinnen und Schülern frei gewählt werden können. Der Sitzkreis löste die Wandtafel in allen Unterrichtsräumen als zentralen Dreh- und Angelpunkt der Lerngemeinschaft ab. Jedes Kind erhielt eine Sitzkiste, um das persönliche Lernmaterial zu verstauen. Diese Entwicklung wurde mehr und mehr in die Schulhausgänge und die Gruppenräume ausgedehnt, sodass die Schülerinnen und Schüler heute das Schulhaus als grosse Lernlandschaft begreifen und auch aktiv für ihre Spiel-, Arbeits- und Lerntätigkeiten nutzen. Im Zuge der Einführung des neuen Lehrplans und dem damit verbundenen Lernverständnis, das sich am Kompetenzbegriff orientiert, sah die Schule Zeihen in der „Expansion“ der Unterrichtstätigkeit in den Aussenraum den nächsten logischen Entwicklungsschritt: Die Draussenschule wurde eingeführt (vgl. Draussenschule – Schule Zeihen (schule-zeihen.ch)).

Zwei Stühle liegen ineinander verhakt am Boden. Auf einem Tisch steht ein Laptop. Die Gegenstände im Raum sind mit einem Kabel verbunden.
Foto: Eliane Zgraggen

Entdeckungsreise in den digitalen Raum

Unweigerlich brachte Corona an der Schule Zeihen auch den digitalen Lernraum aufs Tapet. Die bereits geleistete Schul- und Unterrichtsentwicklung sehnte sich dabei aber nicht nach irgendwelchen Lern-Apps und digitalisierten Lehrbüchern, sondern forderte Tools, „Räume“, Plattformen und digitale Lernaktivitäten, die dem Anspruch des bereits „errungenen“ Lernverständnisses der Schule Zeihen gerecht werden konnten: Lernen ist an der Schule Zeihen kein Einbahnverkehr von der Lehrperson zum Kind, sondern ein Prozess, der auf Eigeninitiative, Handlung und Austausch in der Gemeinschaft aufbaut. Die Kinder sind dabei Gestaltende und Produzierende ihres Wissens und Könnens.

Klar war, dass diese Herausforderung keine schnellen, rezeptartigen Lösungen bereithielt und das Know-how der Schule Zeihen bei weitem überforderte. Auch wussten die Lehrpersonen und die Schulleitung wenig darüber, was die Kinder an digitalen Skills bereits mitbrachten und zu was sie fähig waren. Diese Ausgangslage bildete gewissermassen den Startpunkt für das Projekt „Vernetzte Räume“. Die Schule Zeihen setzte – wie bereits bei der Einführung der Draussenschule erfolgreich praktiziert – auf die Expertise und Begleitung von aussen und stellte sich der Herausforderung aus einer forschenden und erprobenden Perspektive. Mit dem HEK fand man den perfekten Kooperationspartner in Sachen Know-how und Vermittlungskompetenz. Im Rahmen des Fördergefässes Prozessor von Kultur macht Schule reifte das Vorhaben zu einem prozessorientierten und partizipativen Kunstprojekt heran, das schliesslich auch die Projektfinanzierung durch Förder- und Stiftungsgelder sicherstellte. Neu für die Schule Zeihen war, dass das Projekt „Vernetzte Räume“ die Kinder zu Direktbeteiligten im Schul- und Unterrichtsentwicklungsprozess machte.

Weichenstellende Take-aways

Mit dem Projekt „Vernetzte Räume“ hielten neue Lernaktivitäten – dank der Impulse der Kunstschaffenden – Einzug ins Unterrichtsgeschehen der Schule Zeihen: Games, Websites, Blogs und Filme. Die Lernräume an der Schule Zeihen wurden dadurch noch flexibler und modularer bespielt: Während der Projektzeit entstanden eine Blog-Redaktion, ein Programmierzimmer, ein kleines Filmset und ein Bastel- und Werkraum. Gerade das Programmieren und Bloggen weichte die Grenze zwischen dem Lernen in der Schule und zuhause mehr und mehr auf. Eine Modellarbeit (Prototyping „Lernraum“) brachte diese Essenz gut auf den Punkt: Postuliert wurde von den Kindern ein Raum, wo man Spass haben kann beim Lernen, wo man mit Freundinnen und Freunden zusammen lernt – also ein Ort, der nicht an die Schule erinnert.

Schülerinnen sitzen mit Laptops an einem Tisch. Am Tisch klebt ein orangener Zettel mit der Aufschrift Blog Redaktion.
Foto: Eliane Zgraggen

Diesen Erfahrungen und Erkenntnissen wird nun in der weiteren Schul- und Unterrichtsentwicklung Rechnung getragen. So wurden die Lernlandschaften auf das Schuljahr 2022/23 hin nochmals überarbeitet: Spezialzimmer für die schulische Heilpädagogik und die Fremdsprachen wurden abgeschafft und auch das grosse Teamzimmer wurde aufgelöst. Die konkrete Lern-, Spiel- und Arbeitsfläche hat sich für die Kinder dadurch nochmals deutlich vergrössert. In das Schulprogramm und in die Finanzplanung wurde zudem die Projektierung und Realisierung eines digitalen Ateliers (Makerspace) aufgenommen.

Das Projekt „Vernetzte Räume“ stellt also nicht einfach ein einmaliges Projekterlebnis für die Schülerinnen und Schüler dar, sondern hinterlässt Spuren, welche das Lernen an der Schule Zeihen nachhaltig verändern werden.

Vernetzte Räume

Involvierte Kulturschaffende

Eliane Zgraggen (Ko-Konzeption, Vermittlung, Prozess-Dokumentation), Anna Kälin (Ko-Konzeption, Informatik, Vermittlung), Dominik Baumann (Theater, szenisches Spiel), Fiona Schreier (Theater, szenisches Spiel), Katharina Lenggenhager (Input Architektur), Yasemin Günay (Input Game Design, Stroytelling)

Involvierte Kulturinstitutionen

HEK (Haus der Elektronischen Künste) Basel, Patricia Huijnen (Vermittlung HEK, Organisation, Projektinitiantin)

Zeitraum Projekt 01.09.2021 bis 31.03.2022
Schule(n) Schule Zeihen
Anzahl Schülerinnen und Schüler 42
Schulstufe(n) 4. bis 6. Klasse
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Daniel Jeseneg

Daniel Jeseneg absolvierte eine Berufslehre als Hochbauzeichner (1999 bis 2003). An der Pädagogischen Hochschule FHNW liess er sich zur Primarlehrperson ausbilden (2003 bis 2006). Als Lehrperson bringt er 12 Jahre Berufserfahrung auf der Mittelstufe mit (3. bis 6. Klasse). Sein pädagogisches Interesse gilt dem altersdurchmischten Lehren und Lernen im Sinne einer individualisierenden Gemeinschaftsschule. An der Hochschule Luzern – Design & Kunst studierte er zudem Visuelle Kommunikation mit Vertiefung in Video (2009 bis 2013). Seit August 2019 ist er als Schulleiter an der Schule Zeihen tätig.

Webseite: https://www.schule-zeihen.ch/