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Zugänge zu Kultur und dem kreativen Schreiben

Kulturelle Aktivitäten fördern das kreative Potenzial von Schülerinnen und Schülern, weshalb vielseitige Zugänge besonders im schulischen Kontext wichtig sind. Elisa Rutschi, eine ehemalige Kantonsschülerin der Alten Kantonsschule Aarau, reflektiert ihre Vergangenheit und Erfahrungen, wie sie mit kulturellen Aktivitäten in Berührung gekommen ist und was sie davon mitnehmen konnte. Als leidenschaftliche Schreiberin konnte sie besonders aus der Literaturvermittlung schöpfen. Ihre Berührungen mit dem Kulturschaffen in der Schule waren sehr vielseitig.

ein eleganter Füller liegt auf einem vollgeschriebenen Notizbuch
Titelbild Blogbeitrag Rutschi

Vorweg

Dieser Blogbeitrag soll die Zugänge beleuchten, die für mein Schreiben wichtig sind, jetzt, das heisst in der Zeit zwischen Zwanzig und Dreissig, sowie früher, in der obligatorischen Schulzeit, was mir hoffentlich gelingt. Wichtig scheint mir zunächst festzustellen, dass das Thema des Beitrags vorwegnimmt, dass es Zugänge gegeben hat – das ist nicht trivial. Es hätte auch sein können, dass die Frage anders gelautet hätte, oder gar nicht erst gestellt worden wäre. Sie ist aber so gestellt worden. Das finde ich schön. Denn es zeugt für mich von einer Sensibilität demgegenüber, dass Kultur der Vermittlung und der Schaffung von Zugängen bedarf, und einer Bereitschaft, dafür an öffentlichen Schulen Ressourcen bereitzustellen. Das ist für mich sehr erfreulich zu hören und ein wenig eine neue Entwicklung: als ich in der Schule war, ging es eher ums Sparen und das Streichen von Angeboten, wenn ich mich richtig erinnere. Was nicht heisst, dass es damals noch kein Bewusstsein für die Wichtigkeit kultureller Angebote gegeben hätte, denn sobald ich jetzt beginne, die Arten von Kulturvermittlung, die ich durch die Schule kennenlernte, aufzuzählen, kommt so viel zusammen, dass eine gegenteilige Annahme vermessen wäre.

Da also bereits damals ein Bewusstsein dafür bestanden hat, könnte es sein, dass hier nun eine der positiven Aspekte des Internets zum Tragen kommt: dass ein wichtiges, berechtigtes und sorgfältig formuliertes Thema eine Stimme erhält, ein Eindruck, der sich bestätigt, wenn ich die anderen Blogbeiträge lese.

eine Hand mit Stift in Nahaufnahme, die etwas schreibt
Foto von Unseen Studio auf Unsplash

Zugänge

Ich genoss einen angenehmen Erstkontakt mit der Welt der Buchstaben. Anfänglich lernten wir das Alphabet anhand dieser Karten, auf denen ein Gesicht abgedruckt ist, dessen Mund die Aussprache eines Buchstaben formt. Es gab dazu ein CD-Rom-Spiel namens „lose, luege, läse“. An den Halbklassen-Nachmittagen ackerten wir uns Buchstabe für Buchstabe durch das Alphabet, zunächst nur die Grossbuchstaben. 26 Nachmittage für 26 Buchstaben.

Was Kreativität nach diesem Start weiter in den schulischen Alltag integrierte, und was mir das Schreiben und Lesen schmackhaft machte, reicht weit. Wir gingen regelmässig in die Dorfbibliothek, machten Theaterveranstaltungen mit anderen Schulklassen oder besuchten professionelle Theater. Eine Lehrerin stellte ihre umfangreiche Bibliothek an Kinder- und Jugendbüchern zur Ausleihe zur Verfügung. Wir lösten Rätsel oder bekamen die Aufgabe, selbst Kreuzworträtsel zu entwerfen. Es gab die Möglichkeit, Schulveranstaltungen zu moderieren, Schulballplakate, Deckblätter und Liedertexte zu gestalten und zu formatieren, an Schreibwettbewerben teilzunehmen, es gab Lesenächte, Filmabende, Schulkonzerte und kollektive Schreibübungen. Comics wurden gestaltet, Reisejournale von Klassenfahrten in Fremdsprachen verfasst und imaginäre Landkarten gezeichnet. In der Oberstufe wurden Fan-Fictions oder Fantasy-Texte geschrieben und einander in der Pause vorgelesen. Wir drehten Trailer zu Büchern und begannen im Französischunterricht kurzlebige Brieffreundschaften. Unter der Leitung von Andreas Neeser wurden an der Kanti eigene Texte besprochen und Lesungen organisiert. Diese Aufzählung könnte noch weiter fortgeführt werden, noch enorm viel weiter. Am Rand könnte ich auf das Wanderdiktat und den Setzkasten zu sprechen kommen und auf die Pappschnecke, die wir am ersten Schultag bastelten, nachdem wir einer Geschichte zu einer Schnecke zugehört hatten. Und die Minibooks, die wir schrieben und uns untereinander zu lesen gaben. Und so weiter, und so weiter, und so weiter …

eine Frau liest in ihrem Buch, eine Frau schreibt in ihr Notizheft und eine weitere Person hat ein Buch vor sich
Foto von Alexis Brown auf Unsplash

Einerseits setzt mein Schreiben auch jetzt nicht weit weg von genannten Zugängen an, denn beispielsweise sind die 26 Buchstaben die 26 Buchstaben, andererseits doch, weil mich diese Zugänge an Orte gebracht haben, die sich nicht mit dem Erlernen der 26 Buchstaben erübrigen. Was sich bestimmt bemerkbar macht, während ich an diese Erfahrungen denke, und was gefühlsmässig fast deutlicher ist als eine klare Bezugnahme meines jetzigen Schreibens zu früher ist Dankbarkeit und Freude für die Einfälle und Umsetzungen, mithilfe derer die Lehrpersonen den Klassen Zugänge zu Kultur eröffnet haben.

Niederschwelligkeit

Beim Gedanken an die genannten schulischen Zugänge kommt mir Niederschwelligkeit in den Sinn. Ich denke, dieses Wort ist treffend für den Balanceakt, den viele meiner Lehrpersonen unternahmen. Kultur Schule und Schule Kultur machen zu lassen, die Kultur in die Schule einzuflechten, Plattformen und Anknüpfungspunkte zu schaffen, die kreative Prozesse und kreatives Lernen ermöglichten. Was auch damit anfing, dass eine Lehrperson ihr Auge für eine deutliche und klare Handschrift weitergab. Ein weiterer bedeutsamer und jederzeit verfügbarer Zugang zum Schreiben stellten und stellen Hefte und Notizbücher dar. Herumkritzeln beflügelt die Fantasie.

eine Hand greift nach einem Buch aus einem Bücherregal
Foto von Guzel Maksutova auf Unsplash

Für den weiterführenden und vertieften Zugang zum eigenen Schreiben und Herumkritzeln sind indes externe Angebote wie Schreibwerkstätte für Kinder am Literaturhaus Lenzburg, Textwettbewerbe oder Open Calls, Förderformate an weiterführenden Schulen wie Treffpunkt Text und Schreibhäuser wie das Wortstellwerk in Basel nicht wegzudenken. Durch professionelle Unterstützung und Vorbilder wird die Weiterentwicklung und Publikation von jungen Texten gefördert. Geschriebenes wird auf einmal ausserhalb des eigenen Kämmerleins verortet, was frischen Schwung verleiht und die Texte sowie deren Verfasserinnen und Verfasser vor neue Herausforderungen stellt. An diesen Orten entstehen Gespräche und Ideen; Texte werden weiterentwickelt, der Alltag auf eine bunte Art ergänzt.

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Elisa Rutschi

Elisa Rutschi besuchte die Alte Kantonsschule Aarau und studiert in Basel. Sie ist in verschiedenen Nebenjobs beschäftigt. Nebenbei schreibt sie und sucht den Austausch mit anderen Schreibenden.